Ist die Natur der Kabylei noch zu Retten?

1
566
Kabylei
Kabylei

Geschieht dies aber in einer Dorfversammlung (Tajmaat) sind die Reaktionen demokratischer und sachlicher. Die Tajmaat, eine Art Dorfparlament in der ganzen Kabylei, regelt organisatorische und juristische Probleme nach dem kabylischen Traditionsrecht, welches das kabylische Volk respektiert. Sicher ist, dass vor der französischen Kolonialzeit (vor 1830) und der Unterdrückung der arabo-baathistischen Zentralregierung von Algier (seit 1962), die Tajmaat eine lebendige und starke demokratische Institution war.

Tajmaat war trotz Armut in der Kabylei im Umweltschutz sehr engagiert.
Die Großeltern haben uns gelehrt, die Oliven-, Feigen–oder Obstbäume und das Eigentum anderer zu respektieren, also die Natur zu schätzen und zu schützen.
Wenn wir allein mit unseren Tieren (Eseln, Schafen, Ziegen) auf die Felder gingen, haben sie uns stets davor gewarnt, die Tiere auf Nachbarfelder springen oder auf Bäume steigen zu lassen. Unsere Großeltern und Eltern waren die ersten Ökologen. So wurde die Kabylei unter anderem geschützt.

Was sehen wir heute?
Überall Plastikflaschen, Kunststofftüten, Getränkedosen und Glasflaschen aller Farben auf Feldern, Mülldeponien am Rande der viel befahrenen Straßen oder neben Wohngebieten, Autos werden draußen repariert oder gewaschen, ohne Rücksicht auf das Grundwasser, Sand wird den Flussbetten entnommen.
Das Umweltbewusstsein ist leider nicht dem veränderten Konsumverhalten gefolgt.
Seit 1962 liegt der Focus des neuen arabo-baathistischen Kolonialismus auf der totalen Arabisierung der restlichen berberophonen Bevölkerung. Somit soll die nahöstliche Orientalisierung der Gesellschaft die ursprüngliche mediterrane Lebensweise der Kabylen mit aller Gewalt ersetzen.

Und dennoch gäbe es Sofortmaßnahmen gegen das ökologische Unglück nebst dem kulturellen (die Arabisierung der Kabylei durch massive Unterstützung der Zentralregierung schreitet sehr schnell fort).
Das kabylische Volk müsste in die Eigenverantwortung genommen werden, da die Regierung in Algier die Kabylei zerstören will (Ein Umweltschutz-Projekt zwischen Canada und der Kabylei wurde von der Zentralregierung in Algier blockiert-400 Lokalpolitiker haben gegen diese Blockadenpolitik am 26 Mai 2010 in Tizi Wezzu demonstriert).

Einfache Maßnahmen könnten es sein: Verteilung von Müllcontainern (mit Deckel wegen der Tiere) an jedes Dorf. Die Dorfbewohner müssten sensibilisiert werden (nicht Befehle) ihren Abfall, zum Wohle der Natur und der Menschen der gesamten Kabylei, zu den Containern zu bringen. Diese wiederum würden regelmäßig zu einer überwachten Zentral-Mülldeponie gebracht werden.
Auch durch Abfall-Sortierung (Glas, Metall, Kartonagen, gefährliche organische und anorganische Stoffe) werden Arbeitsplätze für Menschen geschaffen.

Kleine Sortierbetriebe könnten somit gegründet werden.
Der Kabyle, ob jung oder alt, wird sein Land selber retten müssen, auf den algerischen Staat können sie jedenfalls nicht hoffen.

Ahsen Enderle-Ammour

„Rendez aux Hommes leur droit naturel et d’organisation de leur Etat et de leur liberté afin que les tensions s’effacent, que la peur et l’effroi, la méfiance et la technique de la haine disparaissent du sol de notre patrie.“
(Prof. Dr. Theodor Heuss, Président de la République fédérale d’Allemagne, 1954)
Anm. d. Redaktion:
Das vorangestelle Zitat konnte leider auf Deutsch nicht ausfindig gemacht werden. Für Hinweise oder einen Link wäre die Redaktion sehr dankbar.

1 Kommentar

  1. Es ist wirklich tragisch, was mit der Umwelt in der Kablei passiert. Man bräuchte Umweltbildung an den Schulen. Ein Bewusstsein für die Natur muss geschaffen werden. Es ist skandalös, dass die Algerische Regierung die Gelder aus Kanada abgelehnt hat.
    Aber bei aller Kritik an der Regierung müssten die Kabylen selbst auch mal die Ärmel hochkrempeln und sich für die Umwelt stark machen. Denn es sind nicht zuletzt auch sie selbst, die den Müll in die Gegend schmeißen… dieses Problem ist ausnahmsweise mal nicht arabisch oder islamisch.
    Es ist schlichtweg schade, denn man sieht herrliche Olivenhaine… und nichts als Müll darunter – jedenfalls nahe der Hauptstraßen. Nicht zu vergessen die provisorischen Müllhalden in den Bergen, die dann einfach angezündet werden und deren Dämpfe dann die Luft verpesten.
    Es ist ein Jammer… denn es könnte dort das Paradies sein… gäbe es nur ein bisschen mehr Frieden und weniger Müll… ist das zuviel verlangt? Packen wir es an! Und zwar gemeinsam!

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein