Vortrag Lyazid Abid : Yennayer 2966 in Freiburg

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FREIBURG (Tamurt) – Wie ich sehe, feiern immer mehr Yennayer  mit uns und das freut mich. In der Kabylei ist Yennayer eine großartige Gelegenheit  geworden, um ein neues Jahr zu beginnen, von dem man immer hofft, dass es erfolgreich und voller neuer Errungenschaften für unseren Befreiungskampf sein wird. Es ist ein besonderer Tag, der uns in unserem Wunsch nach Freiheit und  Selbstbestimmung bestärkt.

Noch vor einigen Jahren war es uns verboten, öffentlich Yennayer zu feiern. Wir durften uns nicht auf diese jahrtausendalte Tradition berufen. Der algerische Staat, der sich wie ein Besatzer in der Kabylei und in allen amazighsprachigen Gebieten verhält, versucht uns nun seit einem halben Jahrhundert von unserer Geschichte abzutrennen. Er zwingt uns, uns der arabisch-islamischen Ideologie zu unterwerfen, für die der Anfang allen geordneten Lebens, des Wissens und der Zivilisation mit der Ankunft des Propheten Mohammed beginnt. Für ihn ist jede vorislamische Zivilisation gleichbedeutend mit Fortschrittsfeindlichkeit wenn nicht vollkommener Dunkelheit.

Aber da wir ein eigensinniges Volk sind, haben wir uns dem nicht gebeugt. Wir wissen, dass wir nirgendwo hingehen können, solange wir nicht wissen, wo wir herkommen. Also haben wir an unserer Kultur festgehalten, um den Strategien entgegenzuwirken, die darauf abzielen uns unserer Persönlichkeit zu berauben. Um uns selber treu zu bleiben, haben wir die schrecklichsten Tyranneien ertragen und auch heute werden wir, darin stimmt ihr sicher mit mir überein, nicht aufgeben.

Die Geschichte zeigt, dass unsere laizistische und demokratische Kultur im perfekten Einklang mit den heutigen Grundwerten steht. Ja, die Berber sind ein offenes und tolerantes, friedliches und solidarisches Volk. Wir sind ein Volk, das das Leben mehr als alles andere liebt und respektiert. Und weil wir uns selbst treu bleiben wollen, demokratisch und laizistisch, bekämpft uns der algerische Staat. Unsere Sprachen, Taqbaylit, Tamzabit und Tatergit, die alle vom Tamazight abstammen, sollen gezielt vernichtet werden. Für Algier, das vorgibt uns gleichstellen zu wollen, kann nur die arabische Sprache die Türen zum Paradies  öffnen. So wird die damit einhergehende Zerstörung von Sprache und Kultur der Imazighen (Berber) zu einem der höchsten Ziele.

Nachdem sie mit allen Mitteln erfolglos versucht hat unsere Sprache, Tamazight abzuschaffen, spricht sich die Regierung heute für deren offizielle Anerkennung aus. Diese Anerkennung verheißt nichts Gutes. Es ist ein Geschenk mit doppeltem Boden. Auf diese Art und Weise einverleibt sich Algerien die Anerkennung, die eigentlich den Kämpfern gebührt, die ihr Leben im Kampf für die  Interessen der Tamazight aufs Spiel gesetzt haben, und versucht gleichzeitig eine gewisse Legitimität zu erlangen, die es ihm ermöglicht, jede andere Meinung zu unterdrücken.

Diese für westliche Regierungen erdachte List, soll ganz unbemerkt das mozabitische Volk ersticken, die Tuareg ihres Landes berauben, die Chaouis mundtot machen und die Kabylei davon abhalten, ihre Souverenität zu erlangen.

So ist es offensichtlich, dass die algerische Regierung Tamazight nicht aus politischer Überzeugung, sondern aufgrund äußerer Faktoren anerkannt hat. Konnte sie sich anders verhalten angesichts eines marokkanischen Nachbarn, der diese am 1 Juli 2011 öffentlich anerkannt hat? In die Enge getrieben, versucht sie die Situation zu ihren Gunsten zu wenden und mit legalen Mitteln, dem Tamazight und seiner Kultur den Boden zu entziehen.

Dies  geht aus dem Wortlaut des Artikels selbst hervor. Tamazight wird dort als eine unbedeutende Landessprache betrachtet. Sie wird der arabischen Sprache nicht gleichgestellt, sondern ihr untergeordnet. Auch gemäß dem Entwurf der neuen Verfassung, wird Tamazight als zweitklassige Sprache betrachtet, obwohl sie doch die einzige wirkliche Landessprache in Algerien und Marokko ist. Arabisch und Französisch sind Fremdsprachen in Tamazgha (Nordafrika). Die offizielle Vorherrschaft der arabischen Sprache erinnert auf seltsame Art und Weise an den Status des Französischen zu Zeiten der französischen Besatzung. Matoub Lounes hatte uns vor seiner Ermordung 1998 vorgewarnt:  „Wir haben nichts mehr von dieser verdammten Regierung zu erwarten.“

Wenn heute immer mehr Leute stolz darauf sind Amazigh, Kabylen, Mozabiten, Chaoui, Targi, Rif-Berber und Chleuh zu sein, dann Dank des großartigen Einsatzes berberischer Aktivisten. Ihnen gilt meine besondere Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass viele von euch in diesem Saal sind. Euch allein gebührt der  Verdienst eines neu erwachten Bewusstseins der Völker unserer Sprache. Ihr seid der Stolz Nordafrikas. Ihr habt euch heldenhaft der politischen Polizei eben jener Regierung entgegengestellt, die, auch wenn sie Tamazight anerkannt hat, marode und dem Untergang geweiht bleibt. Ja, es ist das selbe Regime, das seine Farbe wie ein Chamäleon wechselt. 1962 war Bouteflika Minister der FLN, 2016 ist er Vorsitzender der FLN. Was wäre aus Deutschland geworden, würde es noch heute von denselben Leuten wie zur Zeit Konrad Adenauers regiert werden?

Die Kabylen, die Bewegung für Selbstbestimmung der Kabylei, die Provisorische Regierung der Kabylei, die Mozabiten und die Tuareg benötigen eure Unterstützung, die Hilfe eures Landes Deutschland und Europas, um ihre verlorene Freiheit und Unabhängigkeit wiederzufinden, und um endlich die kriminellen Spannungen, die vom algerischen Regime geschürt werden, zu befrieden.

Zur Erinnerung: 2011 wurde der Bundestag hierzu von Der Linken ich danke hierbei besonders Frau Ulla Jelpke- zum Thema Kabylei,  Bewegung für die Autonomie der Kabylei und Provisorische Regierung der Kabylei befragt.  Die  Deutsche Regierung hat daraufhin Fragen an die algerische Regierung gerichtet. Die Antwort letzterer war pathetisch. Für Algier werden die Kabylen respektiert. Der Kabylei fehlt es an nichts. Die Demokratie ist fest verankert. Tamazight wurde zur Nationalsprache erklärt. Die Kabylen haben zwei politische Parteien, die FFS und die RCD, und sogar einen kabylischen „Premier“ Minister, Ahmed Ouyahia. Heute bekommen die deutschen Regierungsvertreter einen Beweis mehr, dass Algerien eine kriminelle Lügenpolitik betreibt. Sind es nicht die Selben, die einst behaupteten, dass es den Kabylen an nichts fehle, die heute Tamazight zur offiziellen Sprache erklären?

Diese Regierung ist genauso verlogen wie gefährlich. Sie gefährdet den Frieden und die Sicherheit in der Kabylei, im Mzab und im Azawad. Dies gefährdet die Sicherheit aller Amazighs. In diesem Sinne sollte der UN-Sicherheitsrat sich angerufen fühlen, Sicherheit, Frieden und Wohlstand der Völker zu garantieren, die nichts anderes wollen als harmonisch mit dem Rest der Welt zu leben.

Offizielle Anerkennung des Tamazight hin oder her, der Befreiungskampf geht weiter. Die Kabylei kann nichts von Algier erwarten. Unser Weg ist vorgezeichnet und führt uns direkt zu einem  Referendum zur Erlangung der Unabhängigkeit.

Deutschland und Europa täten gut daran, uns dabei zu unterstützen, wenn sie möchten, dass Übergriffe wie in Köln, Attentate wie in Paris und Charlie Hebdo aufhören. Die arabisch-islamische Idiologie der nordafrikanischen Länder, verfälscht die Geschichte, verherrlicht Gewalt, befürwortet die Rache am Westen und fördert den Djihad. Nordafrika muss in die Hände seiner Kinder zurückgegeben werden,  sollen die Spannungen in der Region und der Welt verringert werden.

Lyazid Abid Vizepräsident der Provisorischen Regierung der Kabylei

Freiburg, den 23.1.15

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