Ist die Revolution arabisch, islamisch oder demokratisch?

3
376
die Revolution in den arabischen und Nordafrikanischen Ländern
die Revolution in den arabischen und Nordafrikanischen Ländern

Der tunesische Präsident Ben Ali floh Mitte Januar 2011 aus dem Land; der rasche Erfolg der Revolten in Tunesien. Und dann sprang der Widerstand auf Ägypten über, wo Tausende junger Leute auf dem Kairoer Tahrir-Platz und in mehreren weiteren Großstädten des Landes gegen das despotische Mubarak-Regime demonstrieren. Präsident Mubarak sah sich einen knappen Monat später gezwungen zurückzutreten. Im Laufe des Jahres 2011 kamen die Menschen in fast allen Ländern Nordafrikas und anderen Länder zu Protesten und Massendemonstrationen zusammen.

Ist dieser Widerstand ist arabisch, islamisch oder demokratisch?
Nach dem Beginn des Widerstandes in den Nordafrikanischen Ländern spricht man sehr oft bei nationalen und internationalen Sendern und liest auch in Zeitungen und Büchern den Terminus {Arabischer Frühling}, der sie durch die Medien etablierte. Und wenn der Zuschauer diesen Terminus hört oder wenn ihn der Leser liest, könnte er den Eindruck bekommen, dass dieser Widerstand nur von den Arabern initiiert wurde.
Innerhalb dieser demokratischen Proteste demonstrieren aber viele Menschen, die keine Araber sind und auch so nicht bezeichnet werden wollen. Unter anderem sind es die Masiren in Nordafrika, aber auch die Kurden in Syrien sowie auch die Perser.
Allerdings hat die Presse diesen Terminus derartig geprägt – als erste unter ihnen die französische Presse – dass beim Nachrichtenkonsumenten der Eindruck bestehen bleibt, dass der Aufstand arabisch sei.
Zweitens gibt es auch einem anderen Terminus und zwar den des {Islamischen Frühlings}. Aber auch in diesem Protest waren viele Demonstranten, die nicht muslimischen Glaubens sind. Als Beispiel könnte man hier die Kopten in Ägypten anführen und auch in Marokko gibt es viele Menschen, die beispielsweise Säkularisierung eingefordert haben. Auch sind unter ihnen viele Menschen muslimischen Glaubens.

Revolution, Widerstand oder politisches Erbe?
Die ganzen Regionen Nordafrikas und des Nahen Osten sind im Umbruch. Darüber hinaus kann man die Frage stellen, ob diese Ereignisse eine Revolution, einen Widerstand oder ein politisches Erbe darstellen.
Im Großen und Ganzen lässt sich konstatieren, dass diese Ereignisse nur ein Widerstand einer Gruppe mit ähnlichen Interessen gegen die autoritären Regime in diesen Ländern ist und sie fordern einen, politische und sozialen Wandel der Gesellschaft. Deshalb kann aber nicht sagen, dass dies keine Revolution ist, weil die Entwicklungen noch im Fluss sind und die Veränderungen noch am Anfang stehen.

Und es geht weiter
Doch immerhin; es gibt immer noch Proteste auf der Straße, wie wir an der Entwicklung Ägyptens sehen, wo vor ein paar Wochen die Demonstrationen wieder von neuem begannen. Diesmal gegen den neuen ägyptischen Präsidenten Mursi.
In Kairo gab es also wieder Proteste, aber auch in Marokko sind die zumeist jugendlichen Anhänger der Protestbewegung des 20. Februars auf den Straßen und es gibt immer noch die Hoffnung auf mehr Demokratie und Freiheit und der Esprit einer echten Revolution liegt noch in der Luft.

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut
Die Ergebnis der Demokratiebewegung ist zunächst wohl nur eine Übergangsphase, in der die Menschen die damaligen „heiligen“ Staatschefs absetzen wollen. In einer weiteren Phase in der das Gros des Volkes bestimmte ideologische Herrschaft heiligen und anstreben und zwar den politischen Islam. Die Demokratiefindungsphase in diesen Ländern ist noch lang und braucht viel Zeit.
In diesem Sinne ist Demokratie ein Lernprozess, wie das Sprichwort sagt: “Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.“ Und die Demokratie in diesen Ländern kann man eben auch nicht an einem Tag erschaffen. Dieser Prozess ist auch nie abgeschlossen. Demokratie lebt durch ihre Weiterentwicklung, obwohl es bereits in kurzer Zeit einen politischen Wandel in Nordafrika gegeben hat. Die Bevölkerung hat von alten Tyrannen befreit, Gaddafi in Libyen und Ben Ali in Tunesien und eine Veränderung der Verfassung in Marokko bewirken können.
Aber dies bedeutet nicht, dass die Revolution abgeschlossen wäre oder dass die junge Generation sich nun mit dem Erreichten zufrieden geben könnte. Viele von den Problemen bestehen auch heute noch fort. Zum Beispiel in Marokko:

Die masirische Identität ist immer noch nicht in der Verfassung verankert.
Die Abwesenheit die Politische Willen des Staat um eine Veränderung in der Politischen System und in der Gesellschaft zu leisten.
Masirische politische Gefangene sind immer noch im Gefängnis.
Die Islamisierung und Arabisierung der Nordafrikas ist immer noch in vollem Gange.
Die Imazighen sind immer noch unterdrückt, was wieder am 3. Februar 2013 in Agadir und in Alhoceima zu spüren war. In Agadir wurde an diesem Tag eine friedliche Demonstration der masirischen Bewegung mit brutaler Gewalt seitens der Polizei unterdrückt und mehr als 300 Aktivisten wurden festgenommen. Teilweise wurden ihnen ihre Handys und Fotokameras und ihre berberischen Fahnen und auch persönliche Gegenstände von der Polizei entwendet.

Forderungen der masirischen Bewegung
Die Forderungen der masirischen Bewegung ist es, eine echte Demokratie im Land zu verwirklichen. Solidarität mit den Masiren in Libyen und Algerien und den Tuareg in Mali, um ihnen das Recht auf einen eigenen Staat zu ermöglichen.
Des Weiteren geht es um die „masirische Frage“, also um die Anerkennung der Berberkultur in Marokko, aber auch in ganz Nordafrika, sowie um die Freilassung politischer Gefangener.

In Algerien fordern die Kabylen, eine Berbergruppe im Nordosten Algeriens inzwischen teilweise die Autonomie ihrer Region. Sie wollen die staatlich verordnete Islamisierung und Arabisierung ihrer Region nicht länger hinnehmen.
Weiter fordern sie die Anerkennung ihrer Sprache nicht nur als eine Nationalsprache, was bereits der Fall ist, sondern als Amtssprache neben dem Arabischen. Die Kabylen stellen etwa ein Drittel der Bevölkerung in Algerien. In Marokko sind gut zwei Drittel der Bevölkerung berberisch und sprechen auch verschiedene Berbersprachen als Muttersprache. Es ist bezeichnend, dass beide Länder von außen stets als arabisch wahrgenommen werden, wenn sie es auch nicht sind. Jenes soll sich in Zukunft ändern.

Brahim Ubaha aus Tanger, Marokko für Tamurt.info

3 Kommentare

    • { {{Ja die arabisch Revolution ist auch direkt mit islamischem glauben verbundet, panarabismus bzw baathismus ist teil von islam fanatismus}} } {Aus arabisch Welt Dmokratie ist weit weg entfernt!}

  1. Vielen Dank Brahim für diesen ausführlichen Bericht. Die Welt muss endlich aufhören Nordafrika als Teil Arabiens zu sehen. Nordafrika ist ein Berberland und es soll genauso bleiben.
    Kabylische Grüsse! Tanmirt ik attas!
    Yiwen

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein