Erlebnisse einer Praktikantin in Bgayet

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Im August 2008 habe ich in Aokas bei Bgayet (Bejaia) in der Kabylei ein Praktikum gemacht, im Maison de Jeunes. Das Maison de Jeunes ist eine Jugendherberge, die gleichzeitig für Fortbildungsangebote genutzt wird. Ich wohnte bei Freunden meiner Eltern Idir und Lisa (Namen von der Red. geändert) und deren drei Kindern.
05.August 2008. Einen Tag der Reise; ein großes Hallo und Bienvenue und plötzlich ist man in einer anderen Welt. Sicherlich gibt es Dinge, die so sind, wie in der Erinnerung – und gibt es Dinge, die das Gedächtnis nur unvollständig festhalten kann: die unglaubliche Hitze, der Wind im unklimatisierten Auto, der einem Sand und Abgase ins Gesicht bläst, das Gefühl, überall beguckt zu werden. Aber auch der süß-fruchtige Geschmack des Hamoud, die kompliziert freundliche Art, einem zu erklären, dass man zwar nicht abwaschen darf, sich aber ganz zu Hause fühlen soll, die Versicherung, dass auf einen aufgepasst wird und die stürmische, etwas verzogene Art der Kinder, die unbefangen drauf los plappern und sich freuen, wenn man sie kitzelt. All das sind Sachen, die man nach einem Jahr fast vergessen hat.
Neu dazu gekommen ist bis jetzt die Erfahrung, wie anstrengend Bürokratie sein kann, und wie willkommen man als Deutscher in der deutschen Botschaft ist. Natürlich würde ich mich um das Dokument kümmern, dass meine Eltern noch brauchten, um die Kaution des letzten Besuchs von Idir und Lisa wieder zu bekommen und natürlich würde ich mit Idir dafür zur deutschen Botschaft gehen, um es abzuholen. Im Regierungsviertel der Hauptstadt Algier steht nun also dieses großartige Gebäude, das deutschen Boden beinhaltet. Ein weißes Gebäude im dort üblichen Stil – noch aus der Zeit der französischen Kolonialisierung mit Palmen im Vorgarten und einer polizeibewachten Straßensperre. Doch kein großer Eingang, der in ein marmornes Foyer führt, in dem ein deutscher Pförtner, einen freundlich nach seinen Wünschen fragt und einen Stuhl anbietet…. Nein, eine Stahltür, vor der man in der Hitze mitten auf der Straße steht, aus der lediglich Menschen herauskommen, an der ein Schild auf französisch darauf hinweist, dass ein Rendez-vous 70 Dinare pro Minute kostet. Nach einer Stunde Sonne mit drei kleinen Kindern wurden wir endlich eingelassen, um drinnen wenigstens unter dem Vordach im Schatten weiter warten zu können. Die Eingangshalle der deutschen Botschaft ist eine Baracke: Wellblech und Betonplatten zusammengezimmert. Dort wieder warten. Leute gehen erwartungsvoll hinein – viele kommen fluchend und desillusioniert heraus. Eine Frau bittet mich um Hilfe, die deutschen Formulare zu übersetzen. Nach weiteren zwei eineinhalb Stunden werden wir vorgelassen, und dürfen unser Anliegen vortragen. Die Frau am Schalter ist deutsch und böse. Noch nicht mal ein „Guten Tag“ ist ihr zu entlocken. Sie spricht mit mir, ignoriert Idir und faucht ihre Anweisungen ins Mikrofon durch welches sie mit uns kommuniziert. Sie knüpft uns 2000 Dinare ab, spricht von „einer großzügigen Ausnahme.“ Nach einer weiteren Stunde, vielen Kopien und der Kontrolle der gesamten Familie reicht sie uns ein offiziell aussehendes Papier – endlich geschafft! Nichts wie weg! Die Pläne eines Tages sind zu Nichte gemacht, durch einen dort verbrachten Tag, aber immerhin. Im Auto dann die Enttäuschung: der Brief enthält falsche Daten! Die ganze Prozedur umsonst, der nächste Tag verspricht die Wiederholung. Ich bewundere Idirs Optimismus: „Das geht ganz schnell; wir sagen dass das falsch ist und danach können wir immer noch die 8-stündige Fahrt nach Bejaia auf uns nehmen.“ Am nächsten Morgen stehen wir in der Tat schneller wieder vor der Botschaft, allerdings noch erfolgloser: momentan sei da nichts zu machen, wir sollten doch am Nachmittag wiederkommen. Also auf ein Drittes. Inzwischen kennen uns die Pförtner, und Idir kennt ihre Lebensgeschichte „nichts geht über persönliche Kontakte. Sie sollen sehen, dass wir auch Menschen sind!“ In der Tat dauert es heute auch nur eine Stunde bis wir – jetzt erfolgreich – den Brief in der Tasche haben. Es hat nur zwei Tage Urlaub gekostet… Das also ist die deutsche Botschaft, in der alle Deutschen ein Zuhause finden.
Abends gibt es meistens nur eine kleine Mahlzeit: Pommes, Salat mit viel Thunfisch und Reis, wenig Gemüse, viel Mayonnaise. Dazu Brot. Stolz erzählt mir Idir, dass Cola limitiert ist und dass sie weniger Zucker benutzten: die Kinder sollen nicht dick werden. Fett und Kohlenhydrate sind dabei anscheinend nicht relevant.
Nach einer langen Autofahrt durch das heiße Inland kamen wir gestern Abend in Bejaia an. Das Haus ist vertraut. Die Kinder teilen mit mir wie letztes Jahr ihr Zimmer. Ich habe das Gefühl, sie tun es gerne. Langsam beginne ich mich auch in der Küche zurechtzufinden, obwohl Lisa sich größte Mühe gibt, dass ich nichts tue.
Alltag beginnt heute. Ich bin nicht mehr der Gast, der ständig Aufmerksamkeit braucht, sondern mehr Mitbewohner mit Sonderstellung. Der erste Small-Talk ist ausgetauscht: „was machst du so?“, „wie geht es den Eltern?“ Heute werde ich zum ersten Mal zu meiner Praktikumsstelle fahren und sehen, wie dort alles ist. Von der Vorstellung nach deutschen Standards ein Praktikum zu machen habe ich mich verabschiedet und bin jetzt nur noch gespannt, was daraus wird.
Besonders freue ich mich jedoch meine alten Freunde, die Jugendlichen aus der Umweltgruppe wieder zu sehen. Ich hoffe sehr, dass sie mir ein Ausgleich sein werden zu einem väterlich besorgten Idir und zu der völligen Ungewissheit meiner Arbeit.
Ich habe Angst, vor den engen Strukturen in der Familie, die so nett ist. Doch Idir vertraut den Jungs, dass auch sie auf mich aufpassen. Und ich vertraue darauf, dass sie mich mitnehmen in die Freiheit. Ich freue mich und harre mit Spannung der Dinge, die da kommen mögen.

2 Kommentare

  1. Vgayet wie sagte Chrif khadem Singer“ Stadt des kabylien seele“. Eine stücke von Jarjer Hertz(,Wald, Berg und Meer ) , enthielt traumhaft landschaft, unbedingt für abenteurer zum entdeken lassen!

    • Warmes wettere im TICHY streng macht viele spaß, schon am and Mai Monates kann man schwimmen anfangen zu gehen, (wegen Warmes mittel Meer Klima), gibt`s ca. 17 km Traum Streng, Im Sommer fieren muss man das Natur wunder Genießen. Gegrillt Teller frisches Fisch aus dem Meer nicht zu vergessen , Natürlich mit kaltes Bier, ein Tisch am Meer Ausblick Horizont orientiert macht noch mehr Appetit! .
      Auf jeden fall, das ist meine Traum wünsch für die next Summer fireien!

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