Die Sprache und Kultur in Marokko nach der neuen Verfassung

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Die Sprache und Kultur in Marokko nach der neuen Verfassung
Die Sprache und Kultur in Marokko nach der neuen Verfassung

Sprachliche Vielfalt Marokkos. Was die sprachliche Vielfalt Marokkos betrifft, gibt es zwei Sprachen, nämlich Arabisch mit ihren verschiedenen Mundarten und Tamazight mit ihren drei Dialekten (Taschelhit, Tamazight und Tarifit). Neben diesen Sprachen gibt es in Marokko einige Fremdsprachen, dazu gehören Französisch und Spanisch, die nach der Kolonialzeit auch an marokkanischen Institutionen verwendet und von einigen marokkanischen Gesellschaftsschichten gesprochen werden.

Kulturell ist Marokko reich, so dass die Traditionen und Gebräuche von Region zu Region unterschiedlich sind. Zum Beispiel ist die Art und Weise wie man im Norden marokkanischen Couscous zubereitet oder eine Djellabah näht ganz anders als im Süden.

Kulturelle Vielfalt in der Verfassung verankert?
In diesem Zusammenhang lassen sich folgende Fragen stellen: Was hält die neue Verfassung von der Frage der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Marokkos? Und wie steht die marokkanische öffentliche Meinung zu den neuen Verfassungsreformen in dieser Hinsicht?
Viele marokkanische Zeitungen behaupten, dass die neue Verfassung auf viele Forderungen der Marokkaner eingegangen sei, u.a. hat sie die unumkehrbare Entscheidung Marokkos zum Ausdruck gebracht, auf der Grundlage der Prinzipien der Mitbestimmung, des Pluralismus und einer guten Regierungsführung einen demokratischen Rechtsstaat zu schaffen. Zum ersten Mal wird durch diese neue Verfassung die kulturelle und sprachliche Vielfalt Marokkos erwähnt, und zwar durch die Angabe der arabisch-islamischen, berberischen, sahraoui -hassanischen Bestandteile, sowie der afrikanischen, andalusischen, hebräischen und mediterranen Einflüsse. Während Marokko nun als Teil des Großen Maghreb bezeichnet wird, war damals noch vom Großen arabischen Maghreb die Rede.

Außerdem unterstützt die neue Verfassung diese Anerkennung der kulturellen Vielfalt, indem sie die Berbersprache zur zweiten Amtssprache des Landes neben dem Arabischen erhebt. Im Verfassungstext steht Folgendes: „Arabisch bleibt die Amtssprache des Staates. Der Staat setzt sich für den Schutz und die Entwicklung der arabischen Sprache, sowie die Förderung ihres Gebrauchs ein. Tamazight stellt auch eine Amtssprache des Staates dar, da sie als das Erbe aller Marokkaner ohne Ausnahme betrachtet wird ….“ (Artikel 5)
Die neue Verfassung hat die masirische Sprache mit den bestimmenden Gesetzen verbunden, die vom Parlament ausgearbeitet werden sollen. „Ein bestimmendes Gesetz bestimmt den Einsatzprozess, die Offizialisierung dieser Sprache, sowie die Art und Weise ihrer Integration In die Bildung und in die prioritären Bereiche des öffentlichen Lebens…..“ (Artikel 5).

Wer will was?
Die marokkanische öffentliche Meinung ist im Bezug auf die neuen Verfassungsreformen zur kulturellen Vielfalt Marokkos, sowie zur Offizialisierung des Masirischen in zwei Gruppen einzuteilen.
Eine Gruppe meint, dass diese Entscheidung als ein demokratischer Fortschritt zum Rechtstaat betrachtet werden solle. Die andere Gruppe behauptet, dass diese Entscheidung Marokko zu Unruhen führen könnte.

Die Anhänger der ersten Haltung (Die Befürworter) sind einige Parteien und natürlich die berberische Bewegung und einige Aktivisten der Zivilgesellschaft, sowie die Bewegung des 20. Februars. Diese sind der Meinung, dass Marokko unbedingt die Berbersprache neben dem Arabischen als Amtssprache anerkennen muss, damit das Land sich mit seiner Identität versöhnen könne.
Ahmed Assid, Mitglied der berberischen Beobachtungsstation für Rechte und Freiheiten, schrieb in einem Artikel: „Die Offizialisierung der masirischen Sprache ist die gesetzliche Garantie zur Berücksichtigung der diese Kultur tragenden Menschen, und jede Rede von einer Sprache oder Kultur ohne Berücksichtigung des Menschen, der diese trägt, widerspricht der Realität. Aus diesem Grund hat die neue Verfassung die Gleichheit zwischen Tamazight und Arabisch unterstrichen, um die Gleichheit zwischen Bürgern in Behörden und Gesellschaft zu garantieren.“

Gegner des Masirischen
Die Gegner sind vor allem die islamischen Bewegungen und einige konservative Parteien wie z.B. die Partei der Unabhängigkeit (Al Istiklal) und die der Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD).
Sie sind aber der Meinung, dass Tamazight nur als Nationalsprache gelten könne und dass die Erhebung von Tamazight zu einer Amtssprache derzeit nicht möglich sei, weil sie keine Sprache sei. Man könne nur von Berberdialekten sprechen, die aus drei Mundarten (Taschelhit, Tamhazight und Tarifet ) bestehen; Sie sei keine Natursprache, sondern ein Laborprodukt, das von königlichen Institut für Berberkultur (IRCAM) in Rabat erzeugt wurde.

In einer Veranstaltung der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung sagte der Generalsekretär der Attalia Partei (Parti de l’Avant garde démocratique et socialiste (PADS)) Abderrahmane Ben Amrou: „die wirtschaftlichen Kosten zur Adoption des Tamazight als Amtssprache sind hoch. Außerdem könnte sich daraus ergeben, dass zwei Amtssprachen zur Uneinigkeit der Gesellschaft führen würden.“
Die Debatte über die marokkanische kulturelle Vielfalt ist nicht neu. Doch hat diese Frage unmittelbar nach der Entstehung der Bewegung vom 20. Februar vertiefte Diskussion ausgelöst, die mit der Ansprache des Königs vom 9. März und den darin versprochenen Verfassungsreformen um einige Schritte voran gebracht wurde.

Die neue Verfassung hat die kulturelle und sprachliche Vielfalt Marokkos nicht nur anerkannt, sondern zudem versucht sie konstitutionell zu befördern und zu verankern. Und es bleibt nun an allen politischen Beteiligten den kulturellen und Reichtum des Landes zu fördern.

Mohamed Amchtkou, Marokko für Tamurt.info

Der Artikel spiegelt die Meinung des Autors, aber nicht unbedingt der Redaktion wider

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